Im sächsischen Annaberg-Buchholz ist der Startschuss für die Einführung einer neuen Generation von Stellwerken gefallen: Die DB Netz AG hat dort zu Jahresbeginn das europaweit erste digitale Stellwerk (DSTW) bei der Erzgebirgsbahn in Betrieb genommen. Vorausgegangen war ein zweimonatiger Testbetrieb, der mit der Zulassung durch das Eisenbahn-Bundesamt abschloss.
Die von der Deutschen Bahn und Siemens gemeinsam entwickelte Technologie ist aus Sicht der Beteiligten nichts weniger als eine Revolution der Leit- und Sicherungstechnik: Erstmals werden Befehle des Fahrdienstleiters über standardisierte Schnittstellen digital an Weichen und Signale übermittelt, ohne dass das Stellwerk individuell mit den einzelnen Stellelementen verbunden ist. Möglich wird dies durch den Einsatz des Übertragungsprotokolls IP, einem Standard für die Datenkommunikation in Computernetzwerken, der dem Internet zugrunde liegt.
Die DSTW-Architektur erlaubt eine Fernsteuerung über größere Distanzen als bisher und reduziert die Zahl der benötigten Kabel erheblich. „Dies führt zu einer völlig neuen Flexibilität der Planung, ermöglicht intelligente Feldelemente und wird längerfristig positive Kosteneffekte generieren“, sagte Michael Peters, CEO von Siemens Mobility, anlässlich der Inbetriebnahme.
Die DB verspricht sich größere Kapazitäten und mehr Pünktlichkeit im Bahnverkehr. „Annaberg-Buchholz steht symbolisch für eines der größten Technologie-Projekte in der Geschichte der Deutschen Bahn“, so DB-Technologiechef Klaus Müller. „Intelligente Kommunikationsnetze und die damit einhergehende Standardisierung und Modularisierung der Technik sind richtungsweisend für die kommenden Jahre.“
Die Erzgebirgsbahn, ein Unternehmen der DB RegioNetze, wurde für den Pilotbetrieb aufgrund des überschaubaren Streckennetzes und der relativ geringen Zugfrequenz ausgewählt. Standort des DSTW ist der Bahnhof Annaberg-Buchholz Süd. Die Technik ist ebenso für den Einsatz auf Hauptstrecken mit dichtem Zugbetrieb konzipiert.
Das DSTW ist der Nachfolger des Elektronischen Stellwerks (ESTW), das mit den einzelnen Stellelementen über teils kilometerlange Kabel verbunden ist und Befehle über elektrische Schaltungen übermittelt. Die DB plant eine Reihe von weiteren Vorserienprojekten, um die neue Systemarchitektur für den Einsatz im gesamten Schienennetz weiterzuentwickeln. Im Rahmen des Programms „Schiene Digital“ stellen Bund und Bahn parallel dazu einer Machbarkeitsstudie Szenarien für den bundesweiten Rollout von DSTW in Verbindung mit dem europäischen Zugsicherungssystem ETCS auf.
(13.04.2018)